Forum 31 (Brucker Forum)

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Das „Forum 31“ – ein innovatives Projekt des Brucker Forums – ist ein offenes interkulturelles Zentrum für Frauen- und Familienbildung in Fürstenfeldbruck mit einem eigenen Programmheft und Logo.

Das Projekt wurde von der KEB München und Freising als Innovatives Projekt im Bildungsfeld der Familienbildung gefördert.

Projekthintergrund

Der erste eingereichte Projektantrag zitierte zwei für das Projekt zentrale und relevante Aussagen: zum einen eine Studie der Robert Bosch Stiftung zum Thema „Internationaler Dialog in Bildungsfragen“ aus dem Jahr 2010, derzufolge mit einem Prozentsatz von 90% für die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung „Familie das Wichtigste im Leben ist und bleibt“, und zum anderen ein altes afrikanisches Sprichwort, das lautet: „... educate a woman and you educate a family“.

Das „Forum 31“ liegt unweit der Geschäftsstelle des Brucker Forums, in unmittelbarer Nähe zu einem großen Wohnkomplex (ca. 14 ha groß, mit 880 Wohnungen) in Fürstenfeldbruck. Die Siedlung wurde in den 1950er- und 1960er-Jahren für Flüchtlinge und Spätaussiedler aus Osteuropa gebaut. In den ersten Jahrzehnten nach der Errichtung war die Zusammensetzung der Bewohnerschaft nahezu homogen. Die soziale Struktur hat sich aber, wie in ganz Deutschland, auch hier in Fürstenfeldbruck im Laufe der Zeit stark gewandelt.

Heute machen eine starke Überalterung – die meisten Menschen, die der älteren Generation angehören, wohnen bereits seit der Gründung der Siedlung dort –, der Zuzug kinderreicher Familien – zum Großteil aus dem Ausland, vorwiegend aus der Türkei – sowie der (bereits zu Anfang geplante) Neubau eines weiteren großen Wohnkomplexes das Viertel in sozialer Hinsicht sehr heterogen. Angehörige der bürgerlichen Mittelschicht mit Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen leben dort neben den sozial schwächeren Bewohnern großer Wohnkomplexe des sozialen Wohnungsbaus. Zudem verfügt Fürstenfeldbruck mit seinen 35.000 Einwohnern über einen Ausländeranteil von über 12%. Es wohnen hier Menschen aus 110 Nationen und den unterschiedlichsten Kulturkreisen.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich das Brucker Forum immer offen für Menschen jeder Herkunft und jeder Konfession. Aufgrund ihrer spezifischen Situation und Interessen waren bislang vor allem die Frauen die vorrangige Zielgruppe der Arbeit des Brucker Forums im Landkreis Fürstenfeldbruck. Menschen mit Migrationshintergrund zählten dagegen bisher zu der am wenigsten (oder fast gar nicht) erreichten Zielgruppe. Als katholische Erwachsenenbildungseinrichtung hat sich das Brucker Forum daher zum Ziel gesetzt, dies zu ändern und eine Erweiterung seiner Tätigkeit anzustreben. Dies soll in Form des „Forums 31“, eines interkulturellen Zentrums für Frauen und Familienbildung, geschehen, das durch einen speziellen Angebots-Mix mit dem Schwerpunkt einer kultursensiblen Vermittlung von Wissen gekennzeichnet ist.

Die Strategie, durch Bildung Integration zu erreichen, hat sich bereits vielerorts bewährt: Diverse Studien (vgl. z. B. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Ehe, Familie, Werte – Migrantinnen und Migranten in Deutschland, Berlin 2010) belegen zudem, dass bei Migrantinnen ein großer Informationsbedarf insbesondere im Bereich der familienbezogenen Prävention und Gesundheitsförderung besteht.

Hier knüpft das Brucker Forum an, denn diese Themen zählen zum Kernbereich der katholischen Erwachsenenbildung und sind ein Schwerpunkt der Angebotspalette des „Forums 31“. Themenbereiche, die in diesem Zusammenhang bearbeitet werden, sind z. B.:

  • die eigene (meist tiefe) Religiosität
  • Gefühle der Ambivalenz und der Fremdheit, die innere Zerrissenheit der Migrantinnen, die aus dem Wunsch nach einer Identität im Spannungsfeld zwischen der Aufrechterhaltung der Herkunftskultur und der Notwendigkeit zur Integration entsteht
  • Depressionen und Ängste, die aus den vielfältigen Anforderungen resultieren, welche von außen sowie aus dem eigenen Anspruchsdenken heraus an einen herangetragen werden
  • der Wunsch nach Anerkennung, Ankommen, Heimat und Integration
  • Themen im Bereich „Ehe und Partnerschaft“
  • Fragen auf dem Gebiet der Erziehung und der Erziehungskompetenz
  • Themen rund um den Alltag und die Freizeit
  • intergenerationelles und interkulturelles Lernen sowie schulische Bildung
  • interreligiöser Dialog
  • Themen im Bereich „Ernährung und Gesundheit“
  • Sucht- und Gewaltproblematik
  • usw.

Projektziele

Interkulturalität ist das zentrale Thema unserer Zeit. Das Zusammenleben von Angehörigen verschiedener Kulturen auf engem Raum kennzeichnet unsere moderne Gesellschaft. Die sich daraus ergebenden Probleme und Konflikte, aber auch Chancen stehen auf der Tagesordnung nationaler und internationaler Politik. Projektziel war es vor diesem Hintergrund, das gesamte thematische Angebot und die Zielgruppenansprache des Projekts „Forum 31“ zum einen auf einen produktiven Umgang mit dieser Kulturenvielfalt und zum anderen auf Frauen, Familien und Kinder sowie auf deren spezielle Bedürfnisse hin auszurichten.

Das „Forum 31“ versteht sich daher als interkulturelles Zentrum für Frauen und Familien, als ein Pilotprojekt, das Antworten geben und Impulse setzen möchte. Es sieht seine Aufgabe darin,

  • die katholische Erwachsenenbildung im gesamtgesellschaftlichen Kontext weiterzuentwickeln,
  • Lücken und Innovationspotenziale zu erkennen,
  • bedarfsgerecht dort zu reagieren, wo Handlungsbedarf besteht,
  • eng vernetzt zu arbeiten,
  • bestmögliche Angebote für neu zugezogene und einheimische Familien vor Ort zu schaffen,
  • mehr Menschen mit Migrationshintergrund für die katholische Erwachsenenbildung zu gewinnen und
  • ein breites, diversifiziertes Angebot für alle Familien vor Ort zu schaffen und damit einen Beitrag für ein selbstverständliches, interkulturelles Miteinander zu leisten (im Gegensatz zu den gängigen interkulturellen Programmen, die ausschließlich Programme für MigrantInnen umfassen)

In diesem Zusammenhang strebt das „Forum 31“ folgende Innovationen in seiner Arbeit an:

  • die Verbindung von katholischer und interkultureller Erwachsenenbildung
  • die Schaffung von Begegnungsräumen (auch) außerhalb von Pfarr-Räumen
  • die Herstellung einer vertrauten, persönlichen Atmosphäre (außerhalb eines Seminarraums)
  • die Kombination von Bildung und Information mit zwanglosem Austausch und Begegnung (d. h. mit einem zusätzlichen Raum zum Dialog bzw. für Gespräche) im Sinne eines „Infotainments“, z. B. auch durch Einrichtung einer Kochgelegenheit
  • eine niederschwellige Zielgruppenansprache (Offener Laden)
  • die Erschließung neuer Kontakte und neuer Teilnehmerkreise, die Schaffung neuer Netzwerke und Vertriebswege, die Entwicklung anderer Werbemaßnahmen und einer anderen Kosten-/Nutzenrechnung
  • ein durch die externe Lage des „Forums 31“ mögliches cross-selling, d. h. die Schaffung neuer Kennenlern-Chancen in Bezug auf kirchliche Angebote, die sonst von den Zielgruppen nicht beachtet werden würden
  • der Aufbau von Beziehungen und das daraus folgende Empfehlungsmarketing
  • die Förderung einer neuen Wahrnehmung und eines neuen Denkens sowie neuer Begrifflichkeiten (Stichwort: weg vom Status der „Migranten“ und hin zum Status von „Neueinheimischen“)
  • die Arbeit nach dem Motto: „katholisch ist offen – offen für katholisch“

Der didaktische Ansatz des Projekts

Wichtige Grundlage für die Durchführung des Projekts war die parallele Teilnahme an einer Qualifizierungs- und Erprobungsmaßnahme der KEB mit dem Titel „Interkulturelle Kompetenz in der Weiterbildung – im Bereich der kulturellen Bildung“, die im Sinne der „interkulturellen Öffnung der katholischen Erwachsenenbildung“ auch die Vermittlung von Wissen und Maßnahmen zur „Erhöhung der Teilhabechance von Menschen mit Migrationshintergrund“ zum Ziel hatte. Dabei führten die erörterten theoretischen Grundlagen, praktischen Übungen, Methoden, Rollenspiele, Reflexionen und kollegialen Beratungen zu neuen Erkenntnissen und einer deutlichen Veränderung des persönlichen Standpunkts bzw. Blickwinkels.

Das Zentrum „Forum 31“ sollte dabei aber kein „Migrantenzentrum“ werden, keine „halbierte Gesellschaft“ (Erol Yildiz) abbilden und damit vielleicht sogar eher trennend wirken, sondern vielmehr kulturelle Vielfalt leben und Brücken bauen. Statt einer Betonung des „Fremden“ sollte die Einbeziehung und Heimat im Mittelpunkt stehen.

Aufgrund des, wie oben erläutert, speziell an Frauen- und Familienthemen ausgerichteten Angebots sowie der Anregung, Netzwerke zu bilden und Interesse an Bildung zu wecken, erwiesen sich Frauen für den Aufbau und die Durchführung des Zentrums als eine hervorragend geeignete Zielgruppe.

Die theologisch-kirchliche Dimension des Projekts

Über die Vermittlung von Wissen und Kompetenz hinaus war auch der persönlichkeitsbildende Ansatz vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes relevant. Zum einen ging es darum, Erwachsene im Rahmen der katholischen Erwachsenenbildung auf allen Feldern der lebensbegleitenden Bildung zu unterstützen, und zum anderen auch darum, bewusst als katholische Einrichtung vor Ort dazu beizutragen, jeden Einzelnen im interkulturellen Zusammenleben einer Gesellschaft zu stärken, einen respektvollen Umgang miteinander zu leben, voneinander zu lernen und Intoleranz und Ausgrenzung vorzubeugen.

Dabei sollten eine Kultur des gegenseitigen Interesses und des Respekts sowie eine Atmosphäre der liebevollen Aufmerksamkeit, des gegenseitigen Angenommenseins und des Zuhörens das Miteinander prägen. Dieser Anspruch wurde bewusst auch in das an der Außenfassade des „Forums 31“ angebrachte Banner und auf die Umschlagseite des Programmflyers aufgenommen. Der Gemeinschaft stiftende Charakter des „Forums 31“ ist hierbei der Namensgeber.

Der strukturelle Ansatz des Projekts

Die Projektziele sollten dabei durch die Implementierung der folgenden strukturellen und organisatorischen Maßnahmen erreicht werden:

  • eine Ausweitung des „Lernorts Pfarrheim/Kreisbildungswerk“ mittels der Anmietung externer Ladenräume (inkl. einer vom Seminarraum getrennt eingerichteten Wohnküche)
  • eine räumlich getrennten Lage (bezüglich Organisation, Logistik und Struktur)
  • der Etablierung eines Netzwerks 1: Die im Haus 31 der Wohnanlage niedergelassene ÄrztInnen und TherapeutInnen bilden ein engagiertes Netzwerk und beteiligten sich am Aufbau des Zentrums – insbesondere die Frauenärztin hält regelmäßig „offene Frauensprechstunden“ ab, bietet Vorträge an und unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit durch einen Hinweis auf das „Forum 31“ in ihrer Mail-Signatur.
  • die Schaffung eines Netzwerks 2: Um keine Konkurrenzsituation oder Ängste bezüglich der bereits bestehenden, aber knappen Ressourcen aufkommen zu lassen, wurde bereits im Vorfeld der Kontakt zu den örtlichen Einrichtungen gesucht, z. B. durch die Einladung zur Eröffnungsfeier. Diese Kontakte sollten dann zu langfristigen, veränderten Kooperationsstrukturen ausgebaut werden.

Weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Projekts

Als weitere Maßnahmen zur konkreten Umsetzung des Projekts wurden ferner folgende Angebote ins Leben gerufen:

  • eine offene Sprechstunde einer Frauenärztin (1-mal monatlich)
  • eine offene Kinderwerkstatt (z. B. Advents-, Oster-, Muttertags- oder St. Martins-Laterne-Basteln) (1-mal monatlich)
  • ein offenes Baby-Café in Zusammenarbeit mit einer Kinderkrankenschwester bzw. Stillberaterin (14-tägig)
  • insgesamt 60 Veranstaltungen zu den verschiedensten Themenbereichen (z. B. Pilates am Morgen, Meditation, TrophoTraining, Französisch-Konversation, Yoga, Kommunikationskurse, Kelebek (deutsch-türkische Kindergruppe), interkulturelles Familiencafé etc.), an denen in insgesamt 700 Doppelstunden über 200 TeilnehmerInnen beteiligt waren
  • Darüber hinaus ist das „Forum 31“ ganz allgemein ein Ort der interkulturellen Begegnung, so z. B. in Form eines Sommerfests, eines Raums für türkische Kindergeburtstage, eines wöchentlichen Probenraums für die türkische Saz-Gruppe oder auch eines Treffpunkts für ein Polit-Café des Sozialforums Amper. In Planung ist auch ein monatlicher Stammtisch für spanische Fachkräfte in Fürstenfeldbruck

Kooperationspartner

Als Kooperationspartner für das Projekt konnten folgende Organisationen gewonnen werden:

  • das Mehrgenerationenhaus LiB
  • das Frauenhaus und der Frauennotruf Fürstenfeldbruck
  • die Integrationsbeauftragte der Kreisstadt Fürstenfeldbruck
  • der LETS-Tauschring Fürstenfeldbruck
  • der Bürgerpavillion Fürstenfeldbruck
  • die örtliche Grundschule
  • das Landratsamt Fürstenfeldbruck
  • örtliche Moscheen
  • das Caritas-Zentrum Fürstenfeldbruck
  • die Jugendstelle des Dekanats Fürstenfeldbruck
  • ÄrztInnen und TherapeutInnen aus dem Haus 31

Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit

Darüber hinaus spielt auch der Gedanke der Übertragbarkeit dieses Konzepts – also der Weitergabe von im Zuge des Projekts gewonnenen interkulturellen Erfahrungen, Kompetenzen und Konzepten – eine wichtige Rolle.

Qualitätssicherung und Weiterentwicklung

Zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung des Projekts „Forum 31“ wurde ein sich jährlich treffender und bei Bedarf sich kollegial beratender Qualitätszirkel, bestehend aus der Projektleitung und den an dem Projekt Teilnehmenden, eingerichtet. Zudem nahm die Projektleiterin an einer berufsbegleitenden Weiterbildung zum Thema „Mediation interkulturell“ teil.

Projektleitung

Christine Höppner

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