Interkulturalität

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„Interkulturalität“ ist ein Schlüsselbegriff in vielen Studien, Forschungsprojekten und Debatten, die sich mit dem Zusammenleben und der Interaktion von Angehörigen verschiedener Kulturen beschäftigen. Der Begriff steht für ein handlungstheoretisches Konzept, das den Austausch zwischen Kulturen sowie den Kontakt zwischen Eigenem und Fremdem beschreibt. Interkulturalität wird dabei oft auch als Oberbegriff für die Termini „Multi-“ und „Transkulturalität“ benutzt.

Der Begriff „Interkulturalität“ in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen

Der Philosoph Bernhard Waldenfels beschreibt Interkulturalität im Verhältnis zu anderen Begriffen als den Versuch, Fremdheit zu vertuschen. Die Schwierigkeit bestehe dabei darin, dass wir keinesfalls vom Anderen als einer identischen Figur ausgehen können. Demnach steht Interkulturalität für Waldenfels für eine politische und ethische Dimension, die das Fremde verständlich machen will, es damit aber zugleich auch verdrängt: „Interkulturalität bedeutet mehr als Multikulturalität im Sinne einer kulturellen Vielfalt, mehr auch als Transkulturalität im Sinne einer Überschreitung bestimmter Kulturen. Die Kluft zwischen Eigenwelt und Fremdwelt, zwischen Eigenkultur und Fremdkultur, lässt sich nicht schließen und doch wird immer wieder der Versuch gemacht, sie auf diese oder jene Weise zum Verschwinden zum bringen.“ (Waldenfels, 1997, S. 110f.).

Für den Germanisten Alois Wierlacher ist Interkulturalität die „Bezeichnung eines auf Verständigung gerichteten, realen oder dargestellten menschlichen Verhaltens in Begegnungssituationen, an denen einzelne Menschen oder Gruppen aus verschiedenen Kulturen in diversen zeitlichen Continua beteiligt sind.“ (Wierlacher, 2003, S. 257). Wierlacher vertritt die Ansicht, dass Interkulturalität durch die Integration von Sprachlernprozessen (z. B. durch das Lernen von Fremdsprachen) wahrgenommen und eingeübt werden kann.

Der Kultur- und Kommunikationswissenschaftler Jürgen Bolten sieht Interkulturalität als einen Prozess, der in sogenannten Interkulturen sichtbar wird: „Interkulturen sind dynamisch als Ereignisse des Zusammentreffens von Angehörigen unterschiedlicher Kulturen zu verstehen.“ (Bolten, 2003, S. 22). Sein Fokus liegt dabei auf den zwischenmenschlichen Beziehungen. Bolten vertritt die Meinung, dass Menschen interkulturell befähigt werden können und entwickelt dafür Kommunikationstrainings und Lehrmethoden (z. B. Rollenspiele, Simulationen, critical incidents, culture assimilators und Fallstudien).

Die Literaturwissenschaftlerin Andrea Leskovec betrachtet Interkulturalität als einen Begriff für „alles“, „was in irgendeiner Art und Weise mit Kulturen und deren Verquickung, mit Kulturtransfer und Globalisierung, mit Transnationalität und Transkulturalität, mit kultureller Diversität und Multikulturalismus zu tun hat.“ (Leskovec, 2011, S. 7). Leskovec ist der Meinung, dass literarische Texte zur Ausbildung interkultureller Kompetenzen beitragen (z. B. durch die darin vorkommende Übernahme der Perspektive des anderen, die Fähigkeit zum Probehandeln, Realitäts-Fiktionsunterscheidung und das Verstehen des indirekten Sprachgebrauchs).

Aspekte der Interkulturalität

In einem weiter gefassten Sinne weist Interkulturalität auf die Sensibilisierung für den Dialog zwischen Kulturen trotz deren Unterschiedlichkeit hin. Interkulturalität bezeichnet demnach Verhaltensnormen von Menschen, die sich zu einer bestimmten Zeit oder dauerhaft eine Gemeinschaft teilen, aber unterschiedlichen kulturellen Kontexten angehören. Diese Normen zielen auf ein harmonisches Miteinander und Verstehen ab.

In einem engeren Sinne bezeichnet Interkulturalität konkrete Situationen der Kommunikation und des Austauschs zwischen verschiedenen Kulturen und weist folgende Aspekte auf:

  • Sie ist ein Kommunikationsprozess unterschiedlicher Sender bzw. Empfänger, der auf der Basis von geteiltem Wissen stattfindet.
  • Sie ist ein Interaktionsmodus, bei dem aus Überschneidungen Neues entsteht.
  • Interkulturalität hat eine Handlungsqualität, die Positionen, Meinungen und Gewohnheiten der Kommunikationsteilnehmer angesichts des Anders-Seins verändert.
  • Sie ist ein Zustand und ein Prozess der Überwindung von Ethnozentrismus.
  • Aus dem interkulturellen Zusammenwirken ergeben sich synergetische Effekte.
  • Ihre praktische Anwendung findet Interkulturalität in der Bildung, Lehre, Forschung und Wissensvermittlung kulturdifferenter Perspektiven.

Christliche Aspekte der Interkulturalität

Projekte und Initiativen in der Erzdiözese München und Freising

Zahlreiche Projekte in der Erzdiözese München und Freising beschäftigen sich mit Fragen der Interkulturalität und Fremdheit, so z. B.:

Literatur

  • Bolten, Jürgen: Interkulturelle Kompetenz, hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2003.
  • Leskovec, Andrea: Einführung in die interkulturelle Literaturwissenschaft, Darmstadt 2011.
  • Nazarkiewicz, Kirsten; Krämer, Gesa: Handbuch interkulturelles Coaching, Göttingen 2012.
  • Waldenfels, Bernhard: Topographie des Fremden – Studien zur Phänomenologie des Fremden 1, Frankfurt a. M. 1997.
  • Wierlacher, Alois: Interkulturalität, in: Ders.; Bogner, Andrea (Hg.): Handbuch interkulturelle Germanistik, Stuttgart/Weimar 2003, S. 257–264.

Links

Referenten und Kompetenzträger

Simone Malaguti

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